09.07.1999: Mit Schlachtruf "Azucar!" die Welt erobert
Celia Cruz brachte Schwung und José Alberto Charme zum Publikum des Zeltfestivals, aber schlechter Sound spülte geballte Salsa Power weich.
Glück gehabt: Kurz nachdem die Zeltschlitze die Publikumsmassen aufgesogen hatten, trommelte ein Wolkenbruch die Ouvertüre zu einem weiteren Abend des Mainzer Zeltfestivals. Glück im Unglück, könnte man sagen. Ein ähnliches Zeugnis muß man dem ganzen Konzert ausstellen, das mit Celia Cruz und Jose Alberto einen besonderen Genuß für Salsa-Liebhaber versprach.
MRZ vom 09.07.1999 / Ein Bericht von Thilo Horvatitsch
Die Meßlatte lag hoch auf, kam mit der kubanischen "Tina Turner" doch die amtierende Salsa-Königin, gekrönt mit silberfarbener Haarpracht. Echt oder Perücke? – die Frage verbietet sich ebenso wie die nach ihrem Alter. Schon in den 50ern war Celia Cruz ein Star auf der karibischen Zuckerrohrinsel. In den Folgejahrzehnten eroberte ihr Schlachtruf "Azucar!" ("Zucker!") Bühnen und Publikum in aller Welt. Mit rund 37 CD- Veröffentlichungen hat Celia Cruz für die Salsa-Musik bestimmt ebensoviel getan wie diese Musik für sie. Profilierte Jungstars wie José Alberto verehren sie deswegen und widmen ihr Lieder. Der smarte Sänger aus der Dominikanischen Republik hat schon einige Konzerttouren mit Celia Cruz hinter sich.
Seine Mischung aus gleichzeitig fetziger und eleganter Salsa hat ebenfalls längst ihre Fans, wie sich im Zelt zeigte. Der pfiffige "El Canario" kennt und zieht alle Show-Register, imitiert meisterhaft eine Querflöte, zieht dann wohlüberlegt das knallrote Schneuztüchlein des Charmeurs. Wer die Latino-Big-Band auf der Bühne zunächst mit Jose Alberto allein, dann gemeinsam mit Celia Cruz agieren sah, war gepackt von soviel Energie und Schwung. Cruz-Renner wie "Kimbara", "Bamboleo" oder "Guantanamera" und Alberto-Titel von den CDs "On Time", "Back To The Mambo" oder der Neuheit "Herido" ließen die Fans tanzen.
So ganz wollte der Funke bei vielen Zuschauern aber nicht überspringen. Dafür war der Sound zu schlecht, der die geballte Salsa-Power weich spülte. Man konnte oft nur ahnen, wie gut die Musik eigentlich war. Markenzeichen wie zum Beispiel der typische weiche Klang des Bariton-Saxophons im Jose-Alberto-Stil gingen im Klangbrei unter. Nur ganz vorn vor der Bühne, sagten Zuhörer von dort, sei der Klang gut gewesen. Den Technikern sei hier kein Vorwurf zu machen, erklärte dazu Norbert Munk. Der KUZ-Veranstalter beim Festival mußte mit lateinamerikanischer Spontanität und Eigenheit leben: Die Band traf viel zu spät ein, wollte auch keinen Soundcheck im Vorfeld durchführen, sondern erst während der ersten Stücke. Daß alles glimpflich ablief, war den Fans zu verdanken - und paradoxerweise den ausgezeichneten Musikern, die solche Situationen wohl gewohnt sind.
Auch Celia Cruz, bisher selten in Deutschland, war begeistert vom Publikum, das ihr Repertoire so gut kannte. Der weißhaarige Gentleman im Smoking, der ihr während aller Konzerte als "Dirigent" zur Seite steht, kennt es wohl am besten: Ihr Gatte Pedro, Ex-Trompeter der legendären Kuba-Formation "La Sonora Matancera". Mit dieser Band begann einst für Celia Cruz Erfolg und die Liebe ihres Lebens. Auch das Mainzer Publikum ist inzwischen an den Charme kubanischer Altstars fast gewöhnt.
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