14.10.04: Aventura in Frankfurt

Von der Superlative eines Latino-Konzertes

Ballsporthalle Frankfurt-Höchst, 14. Oktober 2004

Ein Bericht von Martin Keller exclusiv für SalsaDE

 

Ein riesiger Parkplatz, eine riesige Halle und alles voller Autos und Menschen. Der Andrang an der Kasse ist nicht übermäßig, die Tickets für spät-entschlossene sind schnell verkauft. Der Vorverkauf war gut organisiert und wohl auch recht erfolgreich. Lange Schlangen an den verschiedenen Eingängen eher wegen des Andrangs denn wegen der zügigen und professionellen Abfertigung, Sicherheit wird groß geschrieben. Getränke und Mordwaffen läßt man sowieso besser zu Hause. 

 

Eine Garderobe suchte ich vergebens, "Läßt sich bei der Menschenmenge nicht organisieren", war der Kommentar, hätte mir aber dennoch gut gefallen, denn draußen regnete es in Strömen und drinnen entwickelte sich schnell ein karibisches Klima, das so gut zu dem sehr gemischten deutsch/latino- Publikum und den Latino-Stars aus Santo Domingo/New York paßte. Also landet Schirm und Jacken auf einem der wenigen freien Sitzplätze.

 

Eine Halle für über 5.000 Personen für eine Salsa-Konzert - kann das gutgehen? Verlieren die sich nicht im Saal? Mitnichten, es ging gut und es füllte sich das Parkett, es füllten sich die Ränge und man kann mit gutem Gewissen sagen, die Halle war gut besucht.

 

Eine Mehrzweckhalle für ein Musik-Konzert? Die sonst eher mittelmäßige Soundqualität im Changó fand sich hier nicht wieder. Die Techniker haben gezaubert und die Halle mit einem Sound gefüllt, das man vergißt, hundert Meter von der Bühne entfernt in einer riesigen Halle zu stehen.

 

Frohe Erwartung füllt die Atmosphäre, die musikalische Konserve vor dem Konzert wurde stimmungsvoll angenommen. Guter Sound und Platz ließen viele Paare tanzen und Partystimmung aufkommen. Dann kommt Herr Otto in dunklen Anzug auf die Bühnen, die Krawatte obligatorisch schief und man sieht ihm die Arbeit des Tages und der vergangenen Monate an, aber auch die Erregung, ein Konzert dieser Größenordung erfolgreich auf die Bühne gebracht zu haben.

Anacaona

Und jetzt geht es los: Die bunte Showtanzgruppe ANACAONA bildet die engagierte Vorhut mit Tanzaction und karibischen Eindrücken. In meinen Augen ein Anerkennungserfolg für die Tanztruppe und ein sehr schöner Programmpunkt für die Gesamtveranstaltung.

 

La Mezcla

Wie versprochen, nicht zu lange später, kommt LA MEZCLA, eine trendige Hip-Hop Gruppe aus Frankfurt, die mit spanischem Rap sich dem Thema des Abends weiter nähert.

 

Den Geschmack des Publikums hat es jedenfalls getroffen und die Jungs bewegten sich souverän vor dem wahrscheinlich größten Publikum ihrer Laufbahn.

 

Lasershow

Nachdem auch dieser Programmpunkt eine weitere Steigerung der Stimmung bedeutet und alle jetzt Aventura erwarten, geht erstmal das Licht aus und das Konzert bekommt einen feierlichen Höhepunkt:

 

Eine musikalisch untermalte sehr aufwendige Lasershow bereitet mit einem optischen Feuerwerk den Boden für die Stars des Abends. Lichtstark in den Raum gemalt, tanzen die komplexen Figuren zur Musik. Erwartet hat man dies nicht, die Ruhe, die bei den Zuschauern einkehrte zeigt, wie die Schau das Publikum in den Bann zieht. Fasziniert beobachten wir die fließenden Szenen der mehrfarbigen Rotationsfiguren.

 

Mit dem Schlußbild "Latin Palace Changó presents" und der perfekten Darstellung des Aventura-Logos vor blau/grünem Sternenhimmel stehen die Jungs auch auf der Bühne, die Ruhe im Publikum verwandelt sich in laute Begeisterung und das Hauptevent geht los.

 

Aventura

Zu der Musik von Aventura muß nicht mehr viel gesagt werden: populär, trendy, latino. Die Jungs machen ihre Sache gut, auch wenn es mir manchmal vorkommt, die Bühne sei zu groß für sie. Die Halle ist es nicht. Mittlerweile belegen sie in der 10. Woche den Platz 1 der deutschen Single-Charts - die Popularität spiegelt sich in Publikum wieder. Welchen Rekord brechen sie noch?

 

Mit einer jahrzehntelangen Bühnenerfahrung eines Oscar D'Leon oder einer Gran Combo können sie (noch) nicht mithalten, aber die großen Hallen in Deutschland füllen SIE! Denn sie bringen zusammen, was noch nie zuvor zusammen paßte. Latin Pop, Funky Guitar, Hip Hop und dominikanische Bachata. Eine Kombination aus exotisch-neu, wohlbekannt und absolute Ohrwurmtauglichkeit.

 

Die Fans sind begeistert, die Party kocht. Aventura gibt alles, die obligatorische Darstellung dominikanischen Kulturverständnisses mit dem "Baile del Perrito" und heruntergezogener Hose mit gewichtigen weiblichen Persönlichkeiten ist auch nicht ganz neu, aber immer wieder für Freude/ Johlen/ Überraschung/ Befremden gut. Neu ist die Rock'n Roll-Figur, bei der Lenny die gut doppelt so schwere Dame über die Bühne trägt. Alle Achtung! Die vielen Fitness-Center Besuche zahlen sich also auch solchermaßen aus.

 

Die Fans sind begeistert. Für viele ist Aventura die kulturelle Hoffnung, aus der öffentlichen Isolation ihrer Kultur herauszutreten und in den heimatlichen Wurzeln ihrer Kultur bestätigt zu werden. Viele kennen alle Texte auswendig und singen mit. Und das nicht nur bei den Latinos!

 

After-Concert-Party

Das Konzert endet so pünktlich, wie es begonnen hat, ohne Zugabe (wollten auch nur ganz wenige) verschwanden die Jungs von der Bühne. Noch etwas instrumentales vom Rest der Truppe und das Konzert ist zu Ende. Sichtlich zufrieden strömten die Besucher zu den Ausgängen, noch die Einladung vom Veranstalter in den Ohren, daß die Party im Latin Palace-Changó weiterginge und kostenloser Eintritt wäre.

 

Das Angebot zur After-Concert-Party wurde auch reichlich angenommen. Womit der Veranstalter aber nicht rechnen konnte, war das die wenigen Kilometer zwischen Ballsporthalle und Changó auf der Autobahn für etliche zu einer fast zweistündigen Stau-Party wurde. Grund war eine nicht angekündigte Polizeiaktion des Bundeskriminalamtes in ganz Hessen, die nicht nur viele hundert Besucher des Konzertes traf. Man nahm es ebenso gelassen wie die 15 Minuten Stop-and-Go für die 50 Meter vom Parkplatz der Ballsporthalle auf die Straße. Hier wie dort kamen aus jedem zweiten Auto Bachata- oder Salsaklänge und so kamen etliche Besucher halt etwas später zur Autogrammstunde mit Aventura ins Changó.

 

Die Party ging weiter bis in die Morgenstunden, das Changó war so gut besucht wie selten und die nagelneue Klimaanlage auf der zweiten Pista kapitulierte vor der Tanzwut der Gäste.

Zusammenfassung

Selten hat es ein Latino-Konzert gegeben, daß so herausragend war:

 

Besucher

ca. 3.500 Besucher, und das bei einem Latino-Konzert in Deutschland! (Gran Combo 2001: ca. 2.000)

 

Funk & Fernsehen

Werbung beim Rundfunk ZDF, RTL, SAT1, FFH, HR3 und ganz vorne breite Unterstützung durch Planet Radio

 

Print

Werbung in den Printmedien wie Bildzeitung, Journal, Äppler

 

Internet

Werbung mit Berichterstattung in allen wesentlichen Szene-Webseiten wie

SalsaDE, Salsa-Stuttgart.com, Latin.de u.v.m., ganz zu schweigen von den vielen nicht-Szene Veranstaltungsseiten.

 

Kartenvorverkauf

Im Changó, über alle wichtigen Szene-Internetseiten, Spezielle Ticket-Seiten, offizielle Kartenvorverkaufsstellen

 

Ticketpreise

Wann hat man schon einen Veranstalter erlebt, der im Laufe des Vorverkaufs seinen wirtschaftlichen Vorteil im Ticketpreis an die Besucher weitergibt? Das Ticket kostete Eingangs ?39.- im Vorverkauf, mit dem Umzug des Konzertes kostete das Ticket nur noch ?29.- im VVK.

 

... ganz zu schweigen von der ausgezeichneten Organisation. Polizeilich und von Seiten des DRK war es eine tod-langweilige Veranstaltung, auch die Security hatte nur übereifrige Fans an der Bühne zurückhalten müssen und die Tickets am Eingang in Empfang zu nehmen.

 

Hier wurde etwas veranstaltet, was Jugend-Kultur, Öffentlichkeit, Mainstream und Szene zusammengebracht hat. So etwas hat es bislang noch nicht gegeben.

(mk)